Mein Gesundheitsstern
Zum Einstieg eine Frage: Welche Lebensmittel tauchen vor Ihrem geistigen Auge auf, wenn Sie das Stichwort „Gesunde Ernährung“ hören? Ist eines davon zufälligerweise eine Zitrone? Oder eine andere Zitrusfrucht? Es gibt so viele gesundheitsfördernde Lebensmittel und doch ist die Zitrone immer noch ihre Ikone. Heute weiß jeder Grundschüler, dass Obst in die Frühstücksbox gehört, weil es gesund ist, und dass der magische Stoff darin „Vitamin C“ genannt wird.
Direkt loslegen!
Viel Spaß beim Ausprobieren!
Vitamin C ist buchstäblich so in aller Munde, dass man manchmal schon vergisst, was es im Körper eigentlich tut, und dass es noch nicht lange her ist, dass eine ausreichende Versorgung nicht selbstverständlich war. Seine Wirkung erkennt man am besten, wenn man sich einmal anschaut, was bei einem gravierenden Mangel passiert. Den sieht man in unserem Land heutzutage praktisch nicht mehr, wie so viele andere Erkrankungen auch, die durch Vorsorge und Behandlungsmöglichkeiten im Frühstadium Seltenheit geworden sind. Tatsächlich muss man tief im Geschichtsbuch der Medizin blättern, um die weitreichende Bedeutung der Entdeckung von Vitamin C zu ermessen.
Zitronensaft und Seefahrt – eine gesunde Mischung?
Vor über 250 Jahren, im Jahr 1747, erdachte der schottische Arzt James Lind auf der Suche nach einer Therapie für den Skorbut eine der ersten bekannten klinisch kontrollierten Studien. Skorbut war die Seefahrerkrankheit schlechthin und forderte Linds Schätzungen zufolge weit mehr Todesopfer in der britischen Marine als die Waffen der spanischen und französischen Erzfeinde zusammen. Seinerzeit erkrankten viele Seeleute im Laufe der Monate, die sie ununterbrochen bei Eingesalzenem und Zwieback auf den Weltmeeren verbrachten, nach stets dem gleichen Schema. Zuerst kam es zu Zahnfleischbluten und Wundheilungsstörungen. Dann verfielen die Betroffenen in Depressionen, entwickelten Halluzinationen, erblindeten und starben schließlich.
Für sein Experiment teilte James Lind zwölf an Skorbut erkrankte Seeleute in sechs Gruppen ein. Alle Gruppen erhielten die gleiche Basisernährung. Da Lind glaubte, dass das gesuchte Therapeutikum eine Säure sein müsse, teilte er fünf der Gruppen jeweils Apfelwein, Schwefelsäure, Saft von Zitrusfrüchten, Essig oder Gerstenwasser zu. Die sechste „Kontrollgruppe“ erhielt schlicht Seewasser, wobei uns heute sicherlich der Atem stockt. Eine Ethikkommission gab es seinerzeit nicht. Linds Studie musste abgebrochen werden, da die Zitrusfrüchte nach einigen Tagen ausgingen, aber da waren die Versuchsteilnehmer auch schon genesen und wieder dienstfähig. Von den anderen profitierte nur die Apfelwein-Gruppe leicht von ihrer „Experimentaltherapie“.
Interessanterweise blieb der Zitronensaft in der Folge zunächst eine Arznei, die ausschließlich vom Schiffsarzt an Erkrankte verabreicht wurde. Es dauerte fast fünfzig Jahre, bis man begann, jedem Seemann täglich Zitronensaft zu geben, damit es gar nicht erst zu Skorbut kam. Und da die Idee, es müsse die Säure sein, weiterhin die wissenschaftliche Meinung beherrschte, kam es zu fatalen Fehlentscheidungen. Man wich auf billigere saure Lebensmittel aus und empfahl zum Beispiel Limetten, die, wie wir heute wissen, weit weniger Vitamin C enthalten. Das führte wieder zu mehr Skorbutfällen auf den Schiffen, aber bis ins beginnende 20. Jahrhundert nicht zu einer Korrektur der Empfehlungen. Geblieben ist den Engländern der Spitzname „Limey“.
Vitamin C: Die Entdeckung
Schließlich wurde im Jahr 1928 die wirksame Substanz, das Vitamin C, vom Ungarn Albert Szent-Györgyi und dem Amerikaner Charles Glen King entdeckt. Und wenn wir heute auch wissen, dass es jenseits der Vitamine eine Vielzahl geheimnisvoller und wirksamer Substanzen in unserer Nahrung gibt, so gilt Vitamin C immer noch als der Zauberstoff für eine bessere Gesundheit.
Und nicht ganz zu unrecht. Man mag über den ungebrochenen Hype genervt oder fasziniert – oder beides gleichzeitig – sein. Aber Vitamin C ist nun einmal lebensnotwendig für uns, da wir es selbst nicht herstellen können. Das geht übrigens nur Primaten und Meerschweinchen so. Alle anderen Tiere passen die körpereigene Produktion dem Bedarf an. Zum Beispiel vervielfachen Ratten unter Stress ihre Vitamin-C-Synthese.
Der kraftspendende Ruf des Vitamin C wurde ihm auch bald gewissermaßen zum Verhängnis. Die Nationalsozialisten instrumentalisierten die neu entdeckten Vitamine und insbesondere das Vitamin C für sich und missbrauchten es für ihre Ideologie zur „Stärkung des Volkskörpers von innen“.
Das Immunsystem unterstützen
Beschämt möchte man sich an dieser Stelle abwenden, aber abseits dieser düsteren Gedanken lohnt es sich, dem Allrounder-Vitamin Aufmerksamkeit zu schenken. Unter anderem hilft es unserem Immunsystem bei der Abwehr von Infekten, weswegen ich Infusionen mit Vitamin C gern beim ersten Anflug von Schlappigkeit und Grippegefühl einsetze. Meine zweite Lieblingswirkung besteht in der Unterstützung unseres Bindegewebes. Erinnern Sie sich an meinen Biss in die Zitrone für den Faszien-Blog? Das ist vollkommen ernst gemeint. All unsere Fasern benötigen Vitamin C für ihre Bildung und korrekte, stabile Vernetzung.
Ein Blog ist keine Ernährungsbibel. Deswegen habe ich Ihnen heute die Geschichte des Vitamin C erzählt, die mich im Biochemie-Unterricht gefesselt hat und immer wieder mit überraschenden Pointen aufwartet.
Ernährung im Gesundheitstern
Ernährung, die zweite Ecke meines Gesundheitssterns, hat unglaublich viele Facetten. Essen ist zuallererst eine sinnliche Erfahrung, die von unseren ältesten Sinnen, Geschmack und Geruch, vermittelt wird. Essen hat eine starke soziale Bedeutung. Gern speisen wir in Gesellschaft. Essen kann auch ein politisches Statement sein. Manche machen sogar eine Ersatzreligion daraus. Essen beeinflusst unsere Emotionen, unsere Stimmung, unser Wohlbefinden.
Was ich derzeit intensiv erlebe, ist eine Überflutung mit Informationen, die es eher schwerer als leichter macht, die richtigen Entscheidungen bei der Auswahl der „richtigen“ Lebensmittel zu treffen.
Gern arbeite ich mit Ernährungsprotokollen, wenn bei einem Patienten oder einer Patientin der Wunsch besteht, etwas zu verbessern. Eine Bestandsaufnahme ist immer ein guter Anfang. Dann suchen wir nach Stellschrauben. Manchmal bewirken bereits kleine Veränderungen bei der Nahrungsauswahl und der Mahlzeitenplanung eine fühlbare Wirkung.
Essen muss für mich einfach sein, deswegen bevorzuge ich einfache Regeln. Faustregeln, mit denen ich vielleicht nicht alles perfekt, aber das Wichtigste richtig mache. Dazu gehören auch soziale Aspekte und Umweltschutz. Ich möchte, dass Böden und Tiere nicht ausgebeutet werden. Ich wünsche mir, dass Bauern und auch die Verkäuferin im Supermarkt fair bezahlt werden. Ich möchte nicht, dass die Meere überfischt werden.
Deswegen habe ich für mich entschieden – und auf eine Faustregel verdichtet: Ich esse vorwiegend Pflanzen und echte Lebens(!)-mittel aus regionaler solidarischer Landwirtschaft. Bunt und nicht zu viel!
In meinen tik Hacks stelle ich Ihnen heute drei Lebensmittel vor, die in meiner Küche nicht fehlen dürfen. Sie sind quasi Superfoods im besten Sinne. Und das Beste: Man muss dafür nicht viel Geld ausgeben.
Viel Spaß beim Ausprobieren!
Ihre Marei Schachschneider
tik Hack Nr. 1:
Das simpelste Lebensmittel und mein Favorit, mit dem Sie sich täglich etwas Gutes tun können, ist Sauerkraut. Frisch, das bedeutet nicht erhitzt, ist es ein wunderbarer heimischer Vitamin-C-Lieferant im Winter. Die enthaltenen Milchsäurebakterien pflegen den Darm und sind eine gute natürliche Alternative zu käuflichen Probiotika. Mein Lieblingssnack nach dem Einkauf auf dem Wochenmarkt: Kressebrot mit Sauerkraut. Ist erfrischend und sättigend!
tik Hack Nr. 2
Der zweite Favorit in meiner Küche ist Chicorée. Trauen Sie sich, auch wenn sich Ihre Geschmacksrezeptoren bereits bei dem Gedanken an die bitteren Blätter zusammenziehen. Kombinieren Sie zum Ausprobieren beispielsweise kleingeschnittenen Chicorée mit Orangen und einem guten Walnussöl. Dadurch wird der Geschmack milder. Ihr Benefit: Das im Chicorée enthaltene Inulin dient guten Darmbakterien als Energiequelle und seine Bitterstoffe wirken verdauungsfördernd.
tik Hack Nr. 3
Was in meinem Kühlschrank nie fehlen darf, ist hausgemachte Gemüsebrühe. Warum? Sie ist basisch, mineralstoffreich und lecker. Und es ist leichter, als Sie vielleicht vermuten. Was gehört hinein? Ein Bund Suppengrün aus Sellerie, Lauch und Karotte, dazu ein Petersilienstengel, ein Lorbeerblatt und Pfefferkörner. Ich gebe auch gern bunte Gemüseüberbleibsel hinzu. Eine Stunde in reichlich Wasser kochen, abseihen, fertig! Salzen Sie anschließend nach Geschmack. Hält sich mehrere Tage im Kühlschrank.